Sieben Gäste aus Osteuropa und Subsahara-Afrika kamen im Rahmen des Programms des Goethe-Besucher-Instituts nach Deutschland, um sich über das Familienleben in Deutschland zu informieren. Sie sahen sich die Familie genau an und betrachteten dabei die ganze Gesellschaft.
In vielen Familien spiegeln sich soziale Probleme wie das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen, mangelndes Engagement der Väter, häusliche und sexualisierte Gewalt sowie unzureichender Zugang zu Elternzeit und staatlicher Kinderbetreuung wider.
Im Mittelpunkt der Reise stand der Besuch eines einzelnen Haushalts. “Hier wirkt es wie in einem afrikanischen Dorf”, sagte der Südafrikaner Niq Mhlongo, als er im Hof der brandenburgischen Landgemeinde Kanin stand. Einige der 19 Kinder rannten herum, und es war schwer zu unterscheiden, wer von den 14 Erwachsenen ihre Eltern waren.
Nach der Vorführung von Nora Fingscheidts Film „Systemsprenger“ diskutierte die Gruppe mit Sozialarbeitern Möglichkeiten, die Entwicklung ihrer Kinder besser zu beraten und Eltern in die Verantwortung zu nehmen. Die Show beinhaltete auch Gespräche mit einem Aktivisten über Regenbogenfamilien mit LGBTIQ-Eltern, dem Direktor eines Kindermuseums, politischen Entscheidungsträgern, Betreibern von Familienzentren, dem Direktor eines SOS-Kinderdorfs und einem Familienrechtsprofessor.
Die Gruppe lernte von diesem Professor, wie sich wissenschaftliche und medizinische Entwicklungen auf die Familie auswirken können: Ein Kind kann bis zu fünf Eltern haben – genetische, biologische, rechtliche und soziale.
Als die Besucher ihre persönlichen Geschichten präsentierten, zeigte der weltweite Vergleich eine Gemeinsamkeit: die Verflechtung von Familiengeschichten mit politischer Geschichte. Politische Grenzen, Umzüge, Einschränkungen der Bewegungsfreiheit, Flucht und Migration spalten Familien. Gleichzeitig bringt Migration Menschen aus verschiedenen Ländern zu transnationalen Familien zusammen. Fast überall nutzen Regierungsparteien die Familienpolitik, um Propaganda zu verbreiten und an der Macht zu bleiben. Bestimmte Arten von Familien sind in einigen Ländern auch verboten, zum Beispiel durch die Kriminalisierung von LGBTIQ-Personen.
Am letzten Reisetag stellten die Teilnehmer ihre Vorschläge zum Thema Familienangelegenheiten vor. Eine Reihe von Artikeln wird in der Wochenendausgabe einer Zeitung in Warschau erscheinen. Ein multimodales Digital- und Ausstellungsprojekt in Subsahara-Afrika zeigt Familiengeschichten aus neun Nationen. Weitere Konzepte konzentrierten sich auf die familiäre Pflegearbeit sowie auf Familien in der Perspektive von Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit.